Text: Christina Brunner; Fotos: Bente Stachowske

 

 

Wasser für Humphreys Farm

 

Was Klimawandel bedeutet, wenn er nicht auf Konferenzen diskutiert wird, sondern auf den Feldern ankommt, kann man sich bei Farmer Humphrey Lange ansehen. Die Erde ist rissig und trocken, schwarze Wasserschläuche liegen am Feldrand, aber sie reichen nicht für alle Pflanzen. Die Erdnüsse sind verdorrt, auf die jungen Maistriebe stürzen sich die ausgehungerten Ziegen des Dorfes.

Humphrey Lange hat Wasser. Er hat einen Brunnen und einen Wassertank für schlechte Zeiten. Seine Nachbarn kommen mit Eimern zu ihm, um ihre Ernte zu retten. „Eigentlich regnet es hier in Sambia bis in den April hinein. In die- sem Jahr war Mitte März schon Schluss. Du kannst dich als Bauer auf nichts mehr verlassen“, sagt der 48-Jährige.

 

Das alte Wissen stimmt nicht mehr

Früher war klar, dass im September und Oktober wegen der Hitze harte Zeiten für Menschen und Tiere anbrechen und die Regenzeit im November pünktlich kommt und alle erlöst. Doch das alte Wissen stimmt nicht mehr. Neue Lösungen müssen her, und Humphrey hat sie. Durch die Hilfe von Pater Babaine. Der Afrikamissionar bringt ihm hitzeresistentes Saatgut und hilft beim Aufbau einer Hühnerzucht, um organischen Dünger zu gewinnen. „Den Wassertank solltest du verkleiden, damit die Hitze das Plastik nicht porös macht“, schlägt der Pater vor. „Es könnten sich auch Giftstoffe lösen und ins Wasser gelangen!“ Noch mehr Arbeit für den Farmer. Aber Humphrey tut sie gern.

Seit sechs Uhr ist er unterwegs, schlägt mit der Hacke Mulden in den ausgedörrten Boden, setzt Mais und Ba- nanen, Wassermelonen und Maniok, hier Cassava genannt. Einen Traktor hat er nicht und braucht ihn auch nicht: „Ich pflüge nie, das passiert in der Natur ja auch nicht.“ Zwei Mal in der Woche kippt der Farmer einen Fünf-Liter-Eimer Wasser in jedes Pflanzloch. Das reicht zum Überleben. „Manches gelingt,“ sagt er, „manches nicht. Ich akzeptiere das. Wichtig ist nur, nicht aufzugeben.“

 

"Junge Leute, geht aufs Land!"

Sambia ist groß und hat nur rund 20 Millionen Einwohner. Es gäbe genug Land für alle, die Bauer werden wollten. Deshalb versucht Pater Babaine alles, um junge Leute zu motivieren, aufs Land zu gehen: „Da hast du dein eigenes Haus, sorgst selbst für dein Essen, hast Arbeit. Das gibt dir Würde! Aber viele träumen von Europa und einem leichteren Leben. Dann gehen sie auf die Schiffe und sterben bei der Überfahrt. Aber hier gäbe es so viel zu tun – sie müssten nicht gehen!“ Die Regierung sollte die Menschen auf dem Land fördern, meint der Bauer: Schulen bauen, Kliniken errichten, Verkehrswege verbessern, neue Jobs schaffen. Denn auch seine Frau Gertrud, die Buchhalterin der Diözese, verdient Geld in der Hauptstadt, die beiden Töchter gehen dort zur Schule. Aber jedes Wochenende kommen sie in das kleine Farmhaus. Dann kocht Gertrud auf einem winzigen Gaskocher, Licht kommt von zwei kleinen Solarpanelen. „Alle ist sehr einfach, aber ich liebe es, hier zu sein“, sagt sie.

Humphrey ist Akademiker, hat in London Verwaltungswissenschaft studiert. „Wir können doch nicht nur Bürokraten haben“, sagt er und lacht. „Was ich tue, ist sehr einfach, aber ich sehe, dass etwas passiert. Ich lebe mit der Natur und kann dazu beitragen, dass Menschen satt werden. Etwas Besseres kann ich mir nicht vorstellen.“

Bäume für Sambias Kinder

 

Sambias älteste NGO, die Wildlife & Environmental Conservation Society of Zambia (WECSZ), kann detailliert aufzeigen, wie sich der Klimawandel im Land bemerkbar macht. Es regnet weniger, der Boden wird schlechter. Deshalb verwenden die Bauern immer mehr teuren chemischen Dünger. Die Grüngebiete sind überweidet, die Dürre treibt die Wildtiere aus den Nationalparks, die Menschen fühlen sich bedroht. „Die Artenvielfalt in Sambia ist groß. Aber wir sind dabei, den Kampf zu verlieren“, sagt Patrick Shawa, der Vorsitzende, nüchtern.

 

Kirchgänger werden Bäumepflanzer

Dennoch: Aufgeben wollen die Umweltschützer nicht. Patricks Mitarbeiterin Nomayi Hatyoka informiert die Kinder und Jugendlichen. So lernen in der Schule schon die Kleinsten, wie man die Natur schützt und Müll trennt. Mit Baumpflanzaktionen kämpfen sie gegen die Entwaldung. „Viele Menschen hier sind nicht reich, sie fällen die Bäume für Feuerholz“, erklärt Patrick Shawa. „Wir arbeiten mit den traditionellen Heilern und Dorfvorstehern zusammen, denn sie können ihre Leute überzeugen: Fällt den Baum nicht – wir treffen uns darunter!“

Auch Pater Babaine pflanzt gern mit. Er weiß, wie erfolgreich die Aktionen sind, denn die großen und kleinen Pflanzer fühlen sich für den selbst gesetzten Schößling verantwortlich und versorgen ihn treu. Die Verbindung zu WECSZ ist ihm sehr wichtig, und auch Umweltschützer Patrick Shawa nutzt den Kontakt. „Die Leute sitzen ja sonntags in der Kirche, wir müssen sie also nicht erst mühsam zusammenholen! Wir informieren sie nach dem Gottesdienst, damit sie ihr Wissen dann in ihren Gemeinschaften weitergeben.“

Gemüse für Catherines Markt

 

„Der Klimawandel ist ungerecht, denn er macht die Armen ärmer“, sagt Pater Babaine. Heftige Stürme und Überflutungen schwemmen nicht nur den fruchtbaren Boden weg, sondern bringen auch Krankheiten mit, denen mangelernährte Kinder nichts entgegensetzen können. In den Armenvierteln von Lusaka ist Hunger weit verbreitet. Der Afrikamissionar schwärmt von einer Lösung, die in jeden Hinterhof passt: Mit Kompost gefüllte Kaffeesäcke, in denen Zucchini und Okrapflanzen scheinbar unaufhörlich neue Früchte hervorbringen.

Und sooft er kann, kauft er selbst auf dem Markt hinter dem Missionshaus ein. Hier liefern die Kleinbauern Obst und Gemüse ganz frisch an die Marktfrauen. Catherine und ihre kleine Tochter Mirabel kommen schon um Mitternacht zum Markt. „Man muss früh da sein, denn wenn die Farmer mit ihrer Ware kommen, stürzen sich alle Verkäuferinnen auf sie“, erzählt die 36- Jährige. Umgerechnet 2,50 Euro bezahlt sie für eine Kiste Tomaten vom LKW, für 3,50 verkauft sie sie weiter. Was abends übrig ist, muss sie wegwerfen. „Die Hitze, der Staub – und nie weiß ich, ob es reicht. Es ist harte Arbeit!“

 

Der perfekte Platz für einen Missionar: der Markt

Trotzdem: Die paar Pfennige, die die Catholic Women League für den Stand verlangt, zahlt sie gern. Die Frauengruppe organisiert den Markt und unterstützt mit den Einnahmen rund 200 Waisenkinder in der Stadt. Auch deshalb liebt Pater Babaine diesen Ort: „Wenn ich hier einkaufe, unterstütze ich die Bauern, die Frauen und ihre Sozialprojekte. Ich treffe Leute, erfahre Neuigkeiten und bekomme auch Ideen, wo ich aktiv werden könnte. Ein perfekter Platz für einen Missionar!“